III.2. Handschriftenklasse A
Innerhalb der Klasse
A mit
insgesamt 12
Handschriften lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Gruppe 1 mit den
Handschriften 4-7, Gruppe 2 mit den Handschriften 8-10 und Gruppe 3 mit
den
Handschriften 11-14. Keiner der drei Gruppen läßt
sich
Handschrift 3 zuordnen,
die den besten Text der
Vulgatversion der CA bietet.
3. Paris,
Bibl. nat. lat.
12445, s. IX
Mitte
Die in Reims
entstandene
Handschrift enthält u.a. die Dionysio-Hadriana, die
Sammlung der
Handschrift von St.-Amand
in Auszügen sowie Exzerpte aus dem Codex Theodosianus
und
aus dem
westgotischen Breviar.
Hinschius schätzte die Handschrift zu Recht sehr hoch ein und
legte sie Teilen
seiner Pseudoisidor-Ausgabe sowie seiner Ausgabe der CA zugrunde.
Die CA, zu denen von anderer Hand am Rande die Unterschrift Hinkmars
von Laon
zu seinem Unterschriftenwerk vom 8. Juli 869 nachgetragen ist,
finden sich im Anschluß an die Kanones des Martin von Braga,
die hier ursprünglich in der Version der genuinen Hispana
standen,
aber
von einem Korrektor wohl noch des 9. Jahrhunderts zur Version der HGA
bzw.
Pseudoisidors umgearbeitet wurden.
Im Anschluß an die CA war zunächst etwa eine halbe
Spalte
freigeblieben. Auf
diesem Raum sind von anderer Hand c. 131, 132 und der Anfang von c. 133
der
Coll. Dan.
nachgetragen worden, also genau diejenigen Texte, die in der Coll. Dan.
auf die
CA folgen. Diese Texte sind dann wieder durchgestrichen worden, und
eine dritte
Hand, die wohl auch die erwähnte Unterschrift Hinkmars von
Laon
eingetragen
hat, hat diese Unterschrift durch ein Verweiszeichen zwischen den
Schluß der CA
und die Texte aus der Coll. Dan. gesetzt. Auf diese Texte folgen
Auszüge aus
der HGA bzw. aus den echten Teilen Pseudoisidors, und zwar der Brief
des
Papstes Symmachus an Caesarius von Arles vom 6. November 513 (JK 674)
und die
karthagischen Konzilien der HGA bzw. Pseudoisidors. In den CA finden
sich noch
Spuren einer Kapiteleinteilung: die ersten drei Kapitel sind deutlich
durch
neue Absätze gekennzeichnet; eine Kapitelzählung
fehlt.
Möglicherweise besteht
zwischen Handschrift 3 und der aus Corbie stammenden Handschrift
Berlin,
Deutsche Staatsbibliothek Hamilton 132 (s. IX) ein enger Zusammenhang:
Die
Verbindung von Dionysio-Hadriana, Sammlung der Handschrift von
St.-Amand und
HGA bzw. HGA-Auszügen ist außer in Handschrift 3 nur
in der
Hamilton-Handschrift
zu finden und Handschrift 3 beschränkt sich in ihren
HGA-Auszügen auf
HGA-Texte, die sich auch in der Hamilton-Handschrift finden. Letztere
ist mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Produkt der
pseudoisidorischen
Werkstatt, was sich an einer Reihe von Rasuren, sonst nicht bekannten
Fälschungen und Textergänzungen zeigen
läßt.
Gruppe 1
Die Gruppe
umfaßt vier
Handschriften:
4. Monte Cassino,
Bibl. della
Badia 1, s. XI
Die in Monte Cassino
geschriebene
Handschrift ist von Hinschius der Handschriftenklasse A/B der Falschen
Dekretalen zugewiesen worden.
Die CA stehen zwischen der Synode Gregors II.
von
721 (JE nach 2158) und der
Disputatio
Liberii papae et Constantii imperatoris.
5. Paris,
Bibl. nat. lat.
9629, s. IX
(872-882)
Die Handschrift ist
ein aus
zwei
verschiedenen Codices zusammengesetztes Exemplar der Falschen
Dekretalen. Die
CA finden sich in dem letzten, aus der Kirchenprovinz Reims stammenden
Teil der
Handschrift
im
gleichen Kontext wie in Handschrift 4. Die Handschrift ist am
Schluß (nach Ende
der CA) defekt, ihre Fortsetzung ist in Paris, Bibl. nat. lat. 1557
erhalten.
Die CA sind in Kapitel eingeteilt und in zwei Serien von 1-51 und von
1-9
gezählt; die Kapiteleinteilung endet nach c. 9, doch die
Kapiteleinteilung wird
bis zum Schluß der CA fortgesetzt.
6. Saint-Omer,
Bibl.
municipale 189, s. XI
Die Handschrift ist
eine
getreue Kopie von
Handschrift 7. Die CA finden sich im gleichen Kontext wie in dieser
Handschrift.
7. Vatikanstadt,
Bibl.
Apostolica Vaticana, Vat. lat 630, s. IX
3/4
Die Handschrift
enthält
die Falschen
Dekretalen Pseudoisidors der Klasse A/B
und stammt aus dem Kloster Corbie.
Die CA stehen zwischen dem Brief des Papstes Symmachus an den Patricius
Liberius (JK 752),
der wohl durch eine Lagenverwirrung in der Vorlage an diese Stelle
geraten ist,
und der Disputatio Liberii papae et Constantii imperatoris.
Die CA sind in zwei Serien von 1-52 und von 1-20 gezählt.
Gruppe 1 entspricht
etwa der
Hinschius-Klasse
A/B. Handschrift 5 wird von Hinschius zwar Klasse A1 zugeschlagen, ist
in
unserer Einteilung jedoch wegen ihres Zusammenhangs mit Handschrift 4
und des
Kontexts, in dem die CA stehen, in diese Gruppe aufgenommen, zumal eine
Reihe
von Lesarten auf eine engere Verbindung der vier Handschriften
hindeuten.
Ein jeweils engerer Zusammenhang besteht zwischen den Handschriften 6
und 7
einerseits und den Handschriften 4 und 5 andererseits. Während
6
auf 7
zurückgeht, dürften 4 und 5 aus einer gemeinsamen
Vorlage
stammen. Dies wird
deutlich, wenn man den in Paris, Bibl. nat. lat. 1557 erhaltenen
Schluß des
defekten letzten Teils von 5 mit dem Schluß von 4 vergleicht.
Die
beiden
Handschriften weichen dann lediglich dadurch voneinander ab,
daß
5 die beiden
Briefe Isidors von Sevilla an Bischof Leudefredus von Cordoba (CPL
1223) und an
den Bischof Massona (CPL 1209) durch die bisher nur aus zwei
Handschriften
(Köln, Dombibl. 213, s. VIII,
und
Paris, Bibl. nat. lat.
3838A, s. X) bekannte
gallische Version des Konzils von
Nikäa
ersetzt und außerdem eine umfangreiche Sammlung von Briefen
der
Päpste Nikolaus I.
(858-867)
und
Hadrians II. (867-872)
über den Bestand von 3 hinaus überliefert.
Zur Edition wurden 4
und 6
herangezogen.
Gruppe 2
Diese Gruppe
umfaßt drei
Handschriften:
8. Avranches, Bibl.
municipale
146, s. XII
Die Handschrift
stammt nach F.
Avril aus
Mont-Saint-Michel,
während Sch. Williams eher geneigt ist, sie in die
Kirchenprovinz
Reims zu
setzen.
Sie enthält ein verkürztes Exemplar der Falschen
Dekretalen.
Die CA finden sich zwischen der römischen Synode Gregors II.
von
721 (JE nach 2158) und dem
Brief
Isidors von Sevilla an Leudefredus von Cordoba (CPL 1223) und sind in
68
durchlaufend gezählte Kapitel eingeteilt.
9. Rouen, Bibl.
municipale 702,
s. XI
Die Handschrift
enthält
Teil 3 der
Falschen Dekretalen (Dekretalen von Silvester I.
bis
Gregor II.). Sie ist ebenso wie
ihre
Schwesterhandschrift 10 eine wenigstens mittelbare Abschrift des im
Schlußteil
defekten Vat. Ottob. lat. 93.
Die nicht in Kapitel eingeteilten CA stehen im gleichen Kontext wie in
Handschrift 8.
10. Vatikanstadt,
Bibl.
Apostolica Vaticana, Vat. lat. 3791, s. XI
Es handelt sich um
eine
Schwesterhandschrift
von Handschrift 9. Die nicht in Kapitel eingeteilten CA stehen im
gleichen
Kontext wie in Handschrift 8.
Die enge
Verwandtschaft der
drei
Handschriften untereinander ergibt sich schon aus dem jeweils gleichen
Zusammenhang, in dem die CA stehen. Alle Handschriften dürften
letztlich aus
Vat. Ottob. lat. 93 stammen, doch die Textqualität ist,
vielleicht
durch
zahlreiche Zwischenglieder bedingt, enttäuschend. Die Gruppe
scheint in der
Rezeption der CA eine allenfalls untergeordnete Rolle gespielt zu
haben. In
unserer Edition ist sie durch Handschrift 10 repräsentiert.
Gruppe 3
Zur dritten Gruppe
sind
folgende vier
Handschriften zu rechnen:
11. Luxemburg,
Bibl. nat. 29, s. XII
Die Handschrift
stammt aus dem
Kloster
Orval. Die CA, die wegen eines Defekts der Handschrift
unvollständig sind (c.
1-22 fehlen), stehen am Anfang einer außerdem noch 49 weitere
Kapitel
umfassenden Sammlung über das kirchliche Anklageverfahren und
Prozeßrecht, die
zum größten Teil aus den Falschen Dekretalen
geschöpft
ist.
Hauptinhalt der Handschrift ist das Sendhandbuch Reginos von
Prüm
in der Form
genuin A.
12. Münster,
Staatsarchiv VII.
5201, s. X l/3
Die aus Corvey
stammende
Handschrift enthält
Texte des weltlichen und kirchlichen Rechts, die G. Theuerkauf im
einzelnen
analysiert hat.
Die in
zwei Serien von 1-51 und von 1-20 gezählten CA stehen zwischen
Auszügen aus dem
Poenitentiale Cummeani und dem Poenitentiale
Halitgars
von
Cambrai.
13. Salzburg,
St. Peter
a.IX.32, s. XI
Der nach R. Kottje in
Köln
entstandene
Codex enthält eine Reihe von Kanonessammlungen, deren noch
immer
vollständigste
Beschreibung von G. Phillips
stammt.
Die CA finden sich in zwei einander ergänzenden Exzerptreihen
zwischen einer Propagandaschrift des Erzbischofs Gunthar von
Köln
vom Jahre 865
und einer Sammlung in 61 Kapiteln, die enge Beziehungen zum
Sendhandbuch
Reginos von Prüm aufweist.
14. Trier, Stadtbibl.
927, s. X
Den Hauptteil dieser
Handschrift bildet
wie in Handschrift 11 Reginos Sendhandbuch in der Form genuin A.
Die CA stehen am Anfang der gleichen prozeßrechtlichen
Sammlung
wie in
Handschrift 10 und sind in Kapitel eingeteilt; eine
Kapitelzählung
fehlt.
Die
vier Handschriften der dritten Gruppe stimmen
darin überein, daß sie die CA nicht im Zusammenhang
mit den
Falschen Dekretalen
überliefern, und daß sie ohne Übergang an
den
Schluß der CA ein Fragment eines
sonst handschriftlich nicht überlieferten Briefes Hadrians II.
(so
Handschriften 11, 13 und 14) oder wenigstens die
Einleitung zu diesem Brieffragment (so Handschrift 12)
anhängen.
Eng
miteinander hängen 10 und 13 zusammen, was schon aus ihrem
Hauptinhalt, dem
Sendhandbuch Reginos, hervorgeht. Vermutlich stammen beide
Handschriften aus
der gleichen Vorlage. Für die Edition wurden die Handschriften
11-13
herangezogen.
Vgl. Williams, Codices,
S. 86 f. und Fuhrmann,
Einfluß
und Verbreitung 3, S.
655 ff. und 705 f. (mit einer Abbildung nach S. 656) mit jeweils
weiterer
Literatur.
Ed. Turner, EOMIA
1,
1, 2, S. 164 ff. Die
Überlieferung in Paris 1557 würde eine eigene
Untersuchung
verdienen, da sie häufig
bessere Lesarten bietet als die bisher bekannte Überlieferung.
Die
erste Reihe umfaßt c. 1-3c, 3m-9, 16, 21-22, 25-26, 29-33,
35-36,
37b-43, 6bis-11bis,
15bis, 17bis-20bis
und die zweite
Reihe c. 10,
12-14, 18-19, 34, 38, 44-50, 4bis-5bis,
12bis-14bis.
Somit fehlen c. 3d-l, 11, 15, 17, 20, 23-24, 27-28, 37a, 51-3bis
und
16bis.
©
2005 Karl-Georg
Schon
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Zuletzt
geändert am
6.7.2005
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