III.6. Handschriftenklasse C
Die mit
Handschriftenklasse B
verwandte
Klasse C der CA entspricht der Hinschius-Klasse C der Falschen
Dekretalen
und umfaßt sechs Handschriften:
59. Montpellier,
Bibl. de la
Faculté de Médecine H.3, 2 Bände, s. XIII
Die Handschrift
stammt aus dem
Kloster
Clairvaux. Die CA stehen zwischen Sammlung 4 der Bonifatius-Briefe
und den Exceptiones ex diversis constitutionibus de rebus
ecclesiasticis.
60. Montpellier,
Bibl. de la
Faculté de Médecine H.13, s. XIII
Die Handschrift ist
eine
Abschrift des
zweiten Bandes von Handschrift 59 und stammt aus dem
Zisterzienserkloster
Pontigny.
Die CA stehen im gleichen Kontext wie in Handschrift 59.
61. Paris,
Bibl. de
l'Assemblée nationale 27, s. XII
Die Handschrift
enthält
die CA im gleichen
Kontext wie in Handschrift 59. Der CA-Text ist eine Mischform aus
Elementen der
Handschriftenklassen B (z. B. Rubrik, die die CA Angilram von Metz
zuschreibt)
und C. Der Kontext, in dem die CA stehen, macht deutlich, daß
Grundlage eine
Handschrift der Klasse C ist, auf die eine Überlieferung der
Klasse B
eingewirkt hat. Hinschius vermutete, daß Handschrift 61
Vorlage
der Erstausgabe
der Falschen Dekretalen durch J. Merlin war.
62. Reims,
Bibl. municipale
672, s. XII
Die Handschrift kam
im 18.
Jahrhundert in
den Besitz der Reimser Kathedralbibliothek. Die CA stehen zwischen der
in
dieser Handschrift unvollständigen Sammlung 4 der
Bonifatius-Briefe und der Disputatio
Liberii papae et Constantii imperatoris.
63. Vatikanstadt,
Bibl.
Apostolica Vaticana, Vat. lat. 1340, s. XIII
Die Herkunft der
Handschrift
ist
unbekannt. Sie wurde nach Ansicht Tangls
und Dümmlers
in
Deutschland geschrieben, während Williams annimmt,
sie stamme aus
Frankreich.
Die CA stehen im gleichen Kontext wie in Handschrift 59.
64. Venedig,
Bibl. Naz.
Marciana Zanetti lat. 169 (Num. progr.
1616), s. XV
Die Handschrift, 2.
Band einer
zweibändigen Überlieferung (1. Band: Venedig, Bibl.
Naz.
Marciana Zanetti lat.
168 [Num. progr. 1615]), stammt aus dem Besitz des Kardinals Bessarion
(1403?-1472), ohne daß über ihren Entstehungsort
Näheres bekannt wäre. Die CA
stehen im gleichen Kontext wie in Handschrift 59.
Hinschius hielt
Klasse C für die
jüngste
Überlieferung der Falschen Dekretalen.
H. Mordek glaubt
dagegen, Spuren
dieser Klasse bereits in der im 9. Jahrhundert redigierten Form B der
Collectio
Dacheriana gefunden zu haben.
Nun ist die erweiterte Form der Falschen Dekretalen, wie sie in Klasse
C
vorliegt, alles andere als ein einheitliches Gebilde. M. Tangl hat
gezeigt, daß die
Bonifatius-Sammlung
4, die anscheinend nur in Handschriften der Pseudoisidor-Klasse C
überliefert
ist, auf Othloh von St. Emmeram (ca. 1010-ca. 1070) zurückgeht,
und A. Chavasse hat
die
Abhängigkeit des Corpus der Briefe Leos I.
–
die Sammlung der 71
Briefe – von der in
Handschrift 15 (Klasse K) überlieferten Sammlung nachgewiesen.
Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß scheinbare Spuren der
Handschriftenklasse C in frühen kirchenrechtlichen Sammlungen
in
Wirklichkeit
auf die Benutzung von Quellen der Klasse C –etwa Klasse K
–zurückzuführen sind.
Die in Klasse C überlieferte Sammlung 4 der Bonifatius-Briefe
dürfte um die
Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden sein. Ivo von Chartres scheint
sowohl im
Dekret als auch in der Collectio Tripartita,
die beide
in den
90er Jahren des 11. Jahrhunderts entstanden sind, eine Handschrift der
Klasse C
herangezogen zu haben.
Demnach muß Klasse C jedenfalls in der zweiten
Hälfte des
11. Jahrhunderts
vorgelegen haben, ohne daß sich Näheres
über die genaue
Entstehungszeit sagen
ließe.
Obwohl auf Klasse C
also wohl
eine
Handschrift der Cluny-Version eingewirkt hat, ist im Text der CA ist
von dieser
Einwirkung wenig zu spüren. Hier steht C vielmehr B nahe, wie
eine
Reihe von
gemeinsamen Lesarten zeigt.
Dabei ist ohne weiteres auszuschließen, daß B von C
abgeleitet ist. B enthält
nämlich nur die Leo-Briefe der Hispana. Da es
außerordentlich unwahrscheinlich
ist, daß der Redaktor von B aus dem umfangreichen
Leo-Brief-Corpus von C
ausgerechnet diese Briefe herausgesucht hat, bleibt nur übrig,
daß entweder C
von B abgeleitet ist, oder daß beide auf einer gemeinsamen
Quelle
beruhen.
Allein mit dem Textmaterial der CA ist eine Entscheidung
darüber
nicht zu treffen.
Unter
den Handschriften der Klasse C weicht der
Reimser Codex (Nr. 61) von den anderen zum Teil erheblich ab. Dies
zeigt sich
schon an der Capitulatio vor dem falschen Brief Sixtus' III., die
außer in 60 in allen C-Handschriften überliefert
ist.
Sinnvoll ist
diese Capitulatio nur in den Handschriften, die in zwei Bände
aufgeteilt sind,
da in ihnen der zweite Band stets mit diesem Brief beginnt (59, 60 und
63,
wobei der erste Band von 60 nicht erhalten ist). Die Tatsache,
daß auch 62
diese Capitulatio enthält, zeigt, daß auch diese
Handschrift
von einer
zweibändigen Überlieferung abhängig ist. Es
wäre
nicht ausgeschlossen, daß 61
lediglich auf die mitten in der Sammlung in einbändigen
Handschriften
deplaziert wirkende Capitulatio verzichtet hätte. Allerdings
deuten noch andere
Besonderheiten auf eine eigenständige Überlieferung
hin. So
sind zwischen die
Leo-Briefe und die Collectio Sangermanensis 2
die in den übrigen Pseudoisidor-Handschriften erst an
späterer Stelle
überlieferten Exzerpte aus den Akten des 4. und des 6. Konzils
eingeschoben
(also an einem jedenfalls für die Chalkedon-Exzerpte
historisch
sinnvollen
Ort); auf die Briefe Gregors I. folgen
Aktenstücke des 6.
allgemeinen Konzils
sowie Briefe vor allem Hadrians II., die
die Handschrift 60 in die
Nähe von Paris 9629/1557 (Handschrift 4) rücken,
und Johannes' VIII.
Auch
im Text der CA hebt sich 61 von der übrigen
C-Überlieferung ab,
steht aber in keinem Falle der sonstigen CA-Überlieferung
näher als die übrigen
C-Handschriften. Die teilweise erheblichen Abweichungen von 61 und die
Umsicht,
mit der der Bearbeiter dieser Form von C vorgegangen ist, rechtfertigen
es
jedenfalls, diese Handschrift zur Edition heranzuziehen. Als
Repräsentant der
übrigen kommt 60 als Abschrift von 59 nicht in Betracht. Da 59
die
älteste der
drei verbleibenden Handschriften ist und die beiden anderen keine
besseren
Lesarten bieten, wurde diese Handschrift ausgewählt.
Handschriftenklasse C ist
somit mit Reims 672 und Montpellier H.3 vertreten.
Z. @@@: convocata] convocatus B,C; Z. @@@: conciliorum]
conciliorum patrum
B,C; Z. @@@: nisi] si non eum
B,C; Z. @@@: pulsatur]
pulsatus
est B,C; Z. @@@: metropolitanus] metropolitanus
episcopus
B,C usw.
©
2005 Karl-Georg
Schon
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Zuletzt
geändert am
6.7.2005
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