IV.13 Das Dekret Ivos von Chartres
Die ca. 1091/96
entstandenen
Sammlungen
Ivos von Chartres (Collectio Tripartita, Dekret und
Panormia) stellen
rein numerisch die umfangreichste Leistung der vorgratianischen
Kanonistik dar.
Rund 6500 Kapitel hat
der
Bischof von
Chartres in seinen drei eng miteinander zusammenhängenden
Kirchenrechtssammlungen zusammengestellt. Doch die Bedeutung der
Sammlungen
Ivos beschränkt sich nicht darauf, das umfangreichste
Textarsenal
der
vorgratianischen Kanonistik bereitgestellt zu haben. Nach P. Fournier gelang es
Ivo, eine
Synthese aus der
vorgregorianischen Kanonistik Burchards von Worms und der
römisch
geprägten
Kanonistik der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zu schaffen.
Es ist bei der
Fülle des
von Ivo
verarbeiteten Materials nicht überraschend, daß sich
bei ihm
auch eine ganze
Reihe von Zitaten aus den CA finden. Von den 3760
Kapiteln des Dekrets
stammen 14 aus den CA, davon neun über das Dekret Burchards:
Ivo
|
Burchard
|
CA
|
Ivo
|
Burchard
|
CA
|
3,251
|
3,199
|
6bis
|
6,286q
|
2,195
|
5bis
|
4,154
|
—
|
6bis
|
6,271
|
2,200
|
37b
|
4,156
|
---
|
45
|
6,278
|
2,204
|
14bis
|
5,38
|
---
|
37a
|
10,37
|
__
|
10bis
|
5,276
|
1,166
|
12bis
|
16,3
|
15,2
|
8bis
|
5,280
|
1,170
|
17
|
16,10
|
15,9
|
37a
|
6,140
|
2,39
|
15
|
16,235
|
—
|
45
|
Für drei
Übernahmen
hat Ivo offenbar die
CA unmittelbar herangezogen. Er inskribiert diese Kapitel jeweils als
Brief des
Papstes Hadrian an Bischof Ingelrannus bzw. Ingelrandus
(von
Metz). Rubriken setzt Ivo zu diesen Kapiteln nicht. Mangels
signifikanter
Lesarten wird man für diese Kapitel nur eine Vermutung
über
die von Ivo
benutzte CA-Handschrift äußern können. Die
Namensform Ingelrannus bzw. Ingelrandus findet
sich in keiner
bekannten CA-Handschrift. Am
nächsten kommt ihr die
Namensform Ingilramnus, die sich in den
Handschriften der
Klasse L
nachweisen läßt. Aus Klasse L kennen wir auch eine
Handschrift, die der
Kapitelzählung Ivos besonders nahe kommt: Cambridge, Corpus
Christi College 130
(Nr. 32). CA 37a = Ivo 5,38 trägt in dieser Handschrift die
Nummer XXXIX
(Ivo XXXVIII),
CA 45 = Ivo 4,156 die
Nummer L (Ivo: XLVIIII) und
CA 6bis = Ivo
4,154 die
Nummer LXII (Ivo:
ebenfalls LXII) und CA 10bis
= Ivo 10,37 die Nummer LXVI (Ivo: LXVII).
Keine sichere
Entscheidung ist hinsichtlich
der Vorlage von Ivo
16,235 = CA 45 zu treffen.
In
der Textbehandlung ist Ivo konservativ. Änderungen
des Textes sind selten und geben der Vorlage an keiner Stelle einen
anderen
Sinn.
Ivos
Dekret wird hier vor der Collectio Tripartita behandelt,
weil
Sammlung B
der Collectio Tripartita, die allein
Stücke aus den CA
enthält, einen
Auszug aus dem Dekret darstellt, vgl. Fournier, Les
collections
canoniques attribuees à Yves
de Chartres, S. 322 ff.
Vgl. Fournier, Yves
de
Chartres et le droit
canonique, S. 384 ff. Zu Ivos Sammlungen Fuhrmann, Einfluß
und
Verbreitung 2, S. 542 ff. mit
weiterer Literatur. Zum Dekret
Ivos vgl. Kéry,
Canonical Collections, S. 250 ff. Zum Forsachungsstand Fowler-Magerl,
Kanones, S.
49f.
So
die in Migne, PL
161
nachgedruckte
Ausgabe Fronteaus
von
1647, in der
allerdings einige Kapitel fehlen. Zur handschriftlichen
Überlieferung und den
Drucken des Dekrets vgl. Landau,
Dekret
Ivos, S. 1 ff.; zur Ausgabe Fronteaus
ebd.,
S. 5 ff.
In
der hier zugrunde gelegten Dekrethandschrift Paris, Bibl. nat. lat.
14315 sind
nach 6,268 (Zählung nach Fronteau) 18
zusätzliche Kapitel überliefert, die hier als
6,268a-r
gezählt werden. Die
gleichen Kapitel finden sich auch in den Dekrethandschriften Paris,
Bibl. nat.
lat. 3874 und London, British Library Royal 11.D.VII. Die
übrigen
Dekrethandschriften habe ich nicht eingesehen. 6,286q ist bei Fuhrmann, Einfluß
und
Verbreitung 3, S.
973, Nr. 395 nachzutragen.
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2005 Karl-Georg
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Zuletzt
geändert am
6.7.2005
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