IV.1.
Die CA und Hadrian II. (867-872)
Die CA werden in der älteren
Überlieferung Papst Hadrian I. (772-795) zugeschrieben. Durch
einen fragmentarisch und handschriftlich nur im Zusammenhang mit den CA
überlieferten Brief wird auch Hadrian II. mit den CA in
Verbindung gebracht. In dem um den 8. März 868 geschriebenen
Brief an Herzog Salomon III. von der Bretagne (857-874) beklagt der
Papst Verstöße gegen die kanonische Disziplin, die
in der Bretagne vorkämen: Benachbarte Bischöfe
hätten sich über aufgezwungene Bischöfe in
der Bretagne beschwert. Diese bretonischen Bischöfe
würden im Gegensatz zu den kanonischen Bestimmungen ihre
Angelegenheiten von weltlichen Gerichten regeln lassen.
Außerdem würden in der Bretagne Bischöfe
vor das Gericht von niederen Klerikern und Laien gezogen.[1]
Die Einleitung des Brieffragments, das sich in den
überliefernden Handschriften übergangslos an CA 20bis
anschließt,[2] lautet in der
Salzburger Handschrift: Sed et praesentis domnus papa
Adrianus temporis istius eiusdemque Adriani tam nomine quam merito sui
praecessoris aptus executor et persecutor haec exempla nuper ad
Salamonem ducem Brittanorum destinata sui suorumque officii non inmemor
observanda mandavit ac mandata nobis obsequenda propinquavit et cunctis
imitanda exercuitpro loco, quo ait...[3] Demnach hat
Hadrian II. die CA Salomon III. offiziell übersandt und somit
approbiert.[4] Macht man sich dagegen die Version
der Einleitung, wie sie in den Handschriften von Trier und Luxemburg
überliefert ist, zu eigen, ist die Übersendung der CA
durch Hadrian II. nicht eindeutig zu belegen. Dort ist nämlich
die Lesart exempladurch ex epistola sua ersetzt.
Diese Textversion ließe sich wie folgt deuten: Auch der
gegenwärtige Papst Hadrian habe folgendes aus seinem Brief (haec
ex epistola sua) an Salomon zu beachten aufgetragen und
allen nachzuahmen befohlen. In diesem Falle wäre die
Verbindung zwischen Hadrian II. und den CA erst von einem uns nicht
näher bekannten Sammler zwischen 868 und 872 hergestellt
worden. Eine sichere Entscheidung, welche der beiden Deutungen den
wahren Sachverhalt trifft, erscheint schwierig. Wer sich für
die Übersendung der CA an Salomon III. durch Hadrian II.
entscheidet, hat allerdings die Schwierigkeit zu lösen, dass
sich Hinkmar von Laon, soweit wir wissen, zu keiner Zeit auf diese
Übersendung und die mit ihr implizierte päpstliche
Approbierung berufen hat, obwohl die CA in seinem Streit mit Hinkmar
von Reims eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.[5]
Jedenfalls müsste der Bischof von Laon von dieser
Übersendung gewusst haben. Die Konzilienausgabe J. Sirmonds
zitiert nämlich das Brieffragment Hadrians II.
einschließlich der Einleitung (mit der Lesart ex
epistola) aus einer sonst nicht bekannten defensio
prior Hinkmars von Laon.[6] Ob Hadrian II.
die CA also wirklich an Salomon III. geschickt und sie damit approbiert
hat, muss mindestens offen bleiben. Wahrscheinlich ist es nicht.
[1] Hadriani
papae ep. 11, ed. Perels, MGH Epp. 6, S. 712.
[2]
Handschriften: Salzburg St. Peter a.IX.32 (Nr. 13); Trier, Stadtbibl.
927 (Nr. 14); Luxemburg, Bibl. nat. 29 (Nr. 11). Die mit der Trierer
eng verwandte Luxemburger Handschrift war Perels unbekannt.
[3] Salzburg, St.
Peter a.IX.32, f. 217r, ed. Perels MGH Epp. 6,
S. 712, 26-31.
[4] So deuten die
Stelle Langen, Pseudoisidor, S. 482f.; Dümmler, Synodalrede,
S. 755; Seckel, Pseudoisidor, S. 290; Fuhrmann, Einfluß und
Verbreitung 2, S. 278. Anderer Ansicht ist Schrörs,
Konzilsrede, S. 26, Anm. 7 (von S. 24).
[5] Dazu unten
IV.2.
[6] Sirmond.
Concilia Galliae 3, S. 684. Sirmonds Konzilienausgabe ist auch
über http://gallica.bnf.fr/
erreichbar.
©
2005 Karl-Georg Schon
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Zuletzt
geändert am 14.3.2005
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